Depositphotos 6717184 original 370"Wo bin ich?“ Die Hummel reibt sich verwirrt die Augen und schüttelt sich erst einmal, als sie das Tageslicht erblickt. Nach dem langen Winter in ihrer dunklen Erdhöhle muss sie sich aufs Neue in der Außenwelt orientieren. Als Königin hat sie alleine überwintert und möchte nun ein neues Volk gründen. Diese Hummelkönigin und ihre Verwandten gehören übrigens zu den etwa 560 Wildbienenarten in Deutschland. „Hunger! Ich brauche etwas zu essen, guten, leckeren Nektar, damit ich ein bisschen Energie tanken und diese mir seltsam unbekannte Umgebung erkunden kann“, denkt sie und fliegt vorsichtig los. „Aber, was ist das denn? Bevor ich mein Winterlager bezog, waren hier viel mehr Blumen mit köstlichem Nektar. Jetzt sehe ich kaum Pflanzen, geschweige denn farbenfrohe Blüten. Enttäuscht fliegt die Hummel Runde um Runde in dem kleinen pflegeleichten Hausgarten mit großen Kiesflächen und wenig „Grün“. Sie fühlt, wie ihre Kräfte schwinden, und fast gibt sie schon auf, als sie aus der Ferne einen schwachen Duft wahrnimmt. „Mmh, das riecht ja fast wie früher, das sind doch … Krokusse! Oh, die wären jetzt meine Rettung, wo kommt der Duft nur her? Von dort drüben, von der anderen Seite der Straße. Ist das möglich? Da ist doch diese hohe Steinmauer. Ok, ich versuch’s.“

Geschwächt tritt sie den Flug über die belebte Straße an und erreicht mit letzter Kraft die Mauer. Geschafft! Und sie traut ihren Augen und ihrer Nase kaum: Ein Friedhof! Aber einer, der lebt! Und gerade hier, gleich hinter der Mauer wogt ein Farbenmeer, das den verlockendsten Duft, den sie je gewittert hat verströmt: Krokusse, Winterlinge, Blausterne …

Dankbar lässt sich die Hummel auf die bunte Fläche hinabgleiten und landet auf einer Winterlingsblüte. „Nektar, endlich.“ Sie trinkt und nimmt die Energie auf, die sie so dringend benötigt. „Puh, das war knapp. So, jetzt erst einmal umschauen, das scheint hier ja ein richtiges kleines Paradies zu sein. Sträucher, Stauden und vor allem Frühblüher, ein wunderbares kleines Biotop. Vielleicht finde ich hier sogar ein verlassenes Mauseloch, um darin meine Brut zur Welt zu bringen und ein Volk zu gründen. Für meine Verwandten, die Mauerbienen ist die Mauer mit ihren vielen Löchern ja ideal, um Brutzellen für ihren Nachwuchs anzulegen.“

Frisch gestärkt macht sie sich gleich ans Werk und fängt an, Pollen zu sammeln, um ihr Nest mit Vorräten für die Brut zu bestücken. „Es ist schön hier, hier bleibe ich“, befindet sie glücklich und vergisst den kalten Winter.
Diese Hummel hat Glück gehabt. Sie ist in einem der mehr als 130 Bienengärten gelandet, die Friedhofsgärtner der Treuhandstellen für Dauergrabpflege und andere Paten angelegt haben. Hier kann sie sorgenfrei leben. Der Garten ist mit unterschiedlichen Pflanzen bestückt, die ihr Nahrung und Pollen bieten, um die nächste Generation Hummeln großzuziehen. Und zwar das ganze Jahr über. Von März bis November blühen fortwährend Pflanzen, die die Bienen brauchen. Diese werden von ihrem Paten - in der Regel dem Friedhofsgärtner - gehegt, um Jahr für Jahr den Bienen ein Zuhause zu bieten.

Ein kleiner Beitrag, um ein großes Problem unserer Zeit zu bewältigen - das Bienensterben. Neben den Honigbienen leisten die Wildbienen einen nicht hoch genug zu schätzenden Beitrag zum Fortbestehen unserer Artenvielfalt. Ihr Aussterben würde nicht nur ihr Ende, sondern auch das Ende der biologischen Vielfalt auf der Erde bedeuten. Keine Nahrung für die Wildbienen heißt, keine Bestäubung für die Pflanzen, die sich auf diese Art vermehren, beispielsweise Obst und Gemüse. Wir können das verhindern, indem wir – jeder, soweit er kann und mag – unseren Beitrag zum Überleben der Bienen leisten. Das ist ganz einfach und auch auf kleinem Raum zu realisieren.

Helfen auch Sie unseren Wildbienen und werden auf Ihrem eigenen Balkon oder im eigenen Garten aktiv. Sie können auch mit einer Geldspende dazu beitragen, dass weitere Bienengärten entstehen.